Hat der Gelbspötter (Hippolais icterina) Stress mit seinem nächsten Verwandten? An seiner südwestlichen Verbreitungsgrenze, aber auch in anderen Bereichen seines Brutgebietes, gehen die Bestände zurück. Der mit ihm eng verwandte Orpheusspötter hingegen breitet sich immer weiter nach Nordosten aus in das Verbreitungsgebiet des Gelbspötters.
Warum sich der Gelbspötter an seiner südwestlichen Verbreitungsgrenze zurückzieht, ist noch nicht geklärt. Der Klimawandel wird ausgeschlossen, auch die unmittelbare Konkurrenz zum Orpheusspötter. Auffällig ist, dass dort, wo sich die Verbreitungsgrenze beider Arten überschneiden, der Anteil der Brutverluste für den Gelbspötter deutlich zunimmt. Fast zwei Drittel seiner Gelege fallen Prädatoren zum Opfer, während es beim Orpheusspötter nur ein Drittel sind. Eine Verlustrate, die der Gelbspötter erreicht, wenn der Orpheusspötter nicht in unmittelbarer Nachbarschaft brütet. Es wird vermutet, dass die hohe Dichte der beiden Spötter vermehrt Räuber anlockt und der Orpheusspötter besser darauf reagieren kann.
Größe: 12,5-14 cm
Gewicht: 11-16 g
Verbreitung: Nordostfrankreich bis Kasachstan
Verbreitungsschwerpunkt: Lettland und Estland
Nahrung: Insekten, andere Wirbellose, im Sommer auch Beeren, Raupen (Jungvögel)
Lebensraum: offene, hochstämmige Laubwälder, im Süden bis 1500 m
Zugverhalten: Langstreckenzieher, überwintert im Süden Afrikas, zieht nachts
Brutzeit: Ende Mai - Juli
Nest: Halbschale in Astgabel in 1-6 m Höhe
Fortpflanzung: monogame Saisonehe, 4-5 Eier, 1 Brut pro Jahr, Brutdauer 12-14 Tage, flügge nach 13-15 Tagen
Höchstalter: 10 Jahre, 10 Monate, geschossen
Bestand: 100-150 Tausend Brutpaare in Deutschland, 3,7-6,5 Millionen in Europa, 8,7- 15,3 Individuen weltweit
Status: nicht gefährdet, Trend: leicht abnehmend, in Europa vermutlich durch die Konkurrenz zum Orpheusspötter
In Deutschland: Brutvogel und Zugvogel, stark rückläufig
In Deutschland ist der Gelbspötter ein Brutvogel halboffener Landschaften und Auwälder mit einer mehrschichtigen Baum- und Strauchschicht und hohen Bäumen. Er ist an gemäßigte Klimazonen angepasst und brütet bis in eine Höhe von 950 m ü. NN. Deutschland liegt an der südwestlichen Verbreitungsgrenze. Die Populationsdichte nimmt von Nordosten nach Südwesten ab.
Ende April kehrt der Gelbspötter in die Brutreviere zurück. Der Frühjahreszug hat seinen Höhepunkt in der ersten Maihälfte und ebbt bis zum Ende des Monats ab. Im August und September erfolgt der Wegzug in die Winterquartiere in den Süden Afrikas. Die Zugroute verläuft über die Alpen und Italien nach Afrika.
Ende des letzten Jahrhunderts hat der Gelbspötter einen erheblichen Bestandseinbruch hinnehmen müssen. Eine Entwicklung, die auch in anderen europäischen Ländern verzeichnet wurde.
Besonders stark sind die Arealverluste im Südwesten Deutschlands. Westlich des Rheins in Rheinlandpfalz und im Saarland ist er fast vollständig verschwunden.
Die Gründe sind nach wie vor unbekannt. Das Vordringen des Orpheusspötters wird als Ursache ausgeschlossen.
Sehr energiereich vorgetragener Gesang. Eine Mischung aus melodischen und schrillen Tönen. Typisch ist ein dreisilbiges nasales "gihe". Baut Gesangselemente andere Vogelarten ("Spötter") mit ein. Darunter Austernfischer, Kiebitz, Großer Brachvogel, Fluss-Seeschwalbe, Waldkauz, Amsel, Braunkehlchen usw. Es sind Elemente aus dem Gesangsrepertoire der Vögel in seiner unmittelbaren Umgebung.
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