Litt der Gänsegeier (Gyps fulvus) im 19. Jahrhundert vor allem unter der Nachstellung durch den Mensch, sind es heute die Hygienevorschriften der EU, die den Vögeln zu schaffen machen. Im Mittelalter war der Gänsegeier auch in Deutschland eine verbreitete Vogelart, die zumindest in der Schwäbischen Alb gebrütet hat. Sie profitierten von der Weidewirtschaft. Die Vögel, die ausschließlich Aas fressen und keinen lebenden Tieren nachstellen, haben die in der Landwirtschaft anfallenden toten Tiere beseitigt. Vor allem Schafe waren für die Tiere eine wichtige Nahrungsquelle. Der starke Rückgang der Schafbeweidung und eine verbesserte Tierhygiene haben maßgeblich zum Rückgang der Art beigetragen.
Seit im Mittelmeerraum laut einer EU-Vorschrift Tierkadaver zeitnah von den Weiden entfernt werden müssen, leiden die Geier unter Nahrungsmangel. Im Zuge dessen kommt es zu einem verstärkten Streuungswanderung der Vögel, sodass in den letzten Jahren immer mehr Vögel auch in Deutschland auftauchen.
Kritisch ist auch die Wiederzulassung des Medikaments Diclofenac in der Tiermedizin zu sehen. Es hat in Indien zu einem fast vollständigen Zusammenbruch der gesamten Geierpopulation geführt. Wenn es nicht intravenös verabreicht wird, sammelt es sich über einen längeren Zeitraum im Körper der Tiere. Über die Nahrung aufgenommen, führt es beim Geiern rasch schon in geringen Mengen zum Versagen der Nieren.
Größe: 92-110 cm
Gewicht: 6000-10000 g
Verbreitung: Nordafrika, Mittelmeerraum bis Indien
Nahrung: ausschließlich Aas, Muskelfleisch und Innereien
Lebensraum: Felsenbrüter, Landschaftsprofil mit guter Thermik
Zugverhalten: Standvogel, Teilzieher, Streuungswanderung
Brutzeit: Januar - März (Europa)
Nest: Koloniebrüter in Felswänden
Höchstalter: 55 Jahre
Fortpflanzung: vermutlich monogame Dauerehe, 1 (2) Eier, 1 Brut pro Jahr, Brutdauer 48-54 Tage, flügge nach 110-115 Tagen
Bestand: 32-34 Tausend Brutpaare in Europa, 0,5-1 Million Vögel weltweit
Status: nicht gefährdet (Trend: zunehmend)
In Deutschland historischer Brutvogel u. a. auf der schwäbischen Alb, in den letzten Jahren häufiger in den Sommermonaten als Gastvogel
Gänsegeierbeobachtungen waren bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts in Deutschland sehr selten. Im Schnitt wurden nicht mehr als ein Vogel pro Jahr gemeldet. Ab 2005 nahmen die Nachweise sprunghaft zu. Mehr als 20 Vögel werden jetzt jedes Jahr gesichtet. Oft auch Verbände von mehreren Gänsegeiern. Zurück geführt wird dieses Phänomen zum einen auf die Schließung der "Geierrestaurants" in Spanien. Bis zum Verbot durch die EU wurden in Spanien Tierkadaver an bestimmten Plätzen offen entsorgt. Angelegt wurden die Geierrestaurants aber auch, um die stark bedrohte Population wieder aufzubauen. Nahrungsmangel ist also ein Grund für den Dispersionszug der Geier und dem Auftreten in Mitteleuropa. Ein anderer Grund sind die Wiederansiedlungsversuche des Gänsegeiers in Frankreich, im Zentralmassiv und in den Französischen Alpen.
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