Dryobates minor
Der Kleinspecht (Dryobates minor) ist der kleinste der neun in Deutschland zu beobachtenden Spechtarten. Er ist in etwa so groß wie ein Kleiber und sucht auch wie dieser seine Nahrung an der Stamm. Der Kleinspecht bevorzugt Bäume mit einer knorrigen Borke und ist deshalb in Rotbuchenbeständen sehr selten zu beobachten. Die Rotbuche entwickelt erst im Alter eine knorrige Borke, Buchen, die älter als 150 Jahre sind. In den mitteleuropäischen Nutzwäldern werden die Buchen früher gefällt und sind damit uninteressant für den Kleinspecht.
Größe: 14-16 cm
Gewicht: 16-25 g
Verbreitung: gesamte Paläarktis von Spanien bis Kamtschatka
Verbreitungsschwerpunkt in Europa: Südosteuropa
Nahrung: Kleine Insekten und deren Larven, Spinnen und kleine Schnecken
Lebensraum: Laubmischwälder der gemäßigten und borealen Zone in der Nähe von Gewässern
Zugverhalten: Standvogel, nördliche Population nahrungs- und witterungsbedingt irruptiv bis Mitteleuropa und ans Schwarze Meer.
Brutzeit: April - Juni
Nest: Höhle im Totholz bis 20 m Höhe, beide Geschlechter bauen, Dauer 2-4 Wochen
Fortpflanzung: monogam, tw. polyandrisch (10 %) oder polygyn (3 %), 5-6 (3-9) Eier, 1 Brut pro Jahr, Brutdauer 10-12 Tage, beide Geschlechter brüten, flügge nach 18-21 Tagen, Versorgung 1-2 Wochen
Höchstalter: 9 Jahre und 10 Monate
Bestand: 22-27 Tausend Brutpaare in Deutschland, 0,5-1 Million in Europa, 2,2-4,7 Millionen Vögel weltweit
Status: nicht gefährdet, Trend: abnehmend,
In Deutschland: Brutvogel und seltener Wintergast, gefährdet, Kategorie 3 der Roten Liste
Der Kontaktruf des Kleinspechtes erinnert an die Rufreihe des Turmfalkens. Es ist das ganze Jahr zu hören. Das zur Revierabgrenzung von beiden Geschlechtern vorgetragene Trommeln ist von Mitte November bis Mitte Juni zu hören. Es ist ausnahmsweise auch in allen anderen Monaten gelegentlich zu vernehmen.
In Deutschland bevorzugt der Kleinspecht Altholzbestände in nassen Laub- und Mischwäldern. Er brütet in Flussauen, ist aber auch in Streuobstwiesen, Parkanlagen und Feldgehölzen zu finden. Der Kleinspecht ist mit Ausnahme der Küstenbereiche der Nordsee und einem eher lückenhaften Auftreten in Süddeutschland, flächendeckend verbreitet. In den deutschen Alpen fehlt er weitgehend. Dort bestand aber immerhin Brutverdacht bis in 1300 m über NN.
Die in Deutschland vorkommende Unterart des Kleinspechtes (D. m. hortorum) ist ein ausgesprochener Standvogel. Nur selten konnten Wanderungsbewegungen von mehr als 10 km festgestellt werden. Die skandinavische Unterart (D. m. minor) zieht bei Nahrungsmangel oder in strengen Wintern ab und können auch bis Deutschland vorstoßen.
Die Populationsentwicklung des Kleinspechtes in Deutschland wird über die vergangenen 25 Jahre insgesamt als negativ beurteilt. Auch wenn die Datenlage aus dem 20. Jahrhundert eine genaue Bewertung nicht zulässt, wird davon ausgegangen, dass die Bestände über fast den gesamten Zeitraum rückläufig waren. Die Aufforstung mit Nadelhölzern und der Niedergang des Obstanbaues haben zu einem erheblichen Verlust an Lebensräumen geführt.
Erst seit den 1990er Jahren werden die Bestände systematisch erfasst. Bestandsanstiege in diesem Zeitraum, so wird vermutet, gehen auf verbesserte Erfassungsmethoden zurück. Der Kleinspecht wird auf der Roten Liste der Brutvögel in Deutschland von 2021 in der Kategorie 3 - gefährdet, eingestuft. Er rückte damit im Vergleich zur Roten Liste von 2015 von der Vorwarnstufe auf.
Flächendeckend ist der Kleinspecht von der Pannonischen Tiefebene bis in das südöstliche Alpenvorland in Österreich verbreitet. Das Vorkommen im übrigen Land beschränkt sich auf die Tallandschaften entlang der großen Flüsse. Brutvorkommen sind bis in eine Höhe von 750 m ü. NN nachgewiesen worden. In der Roten Liste der Brutvögel in Österreich wird er als nicht gefährdet eingestuft. Der Bestand wird auf 6 bis 10 Tausend Brutpaare geschätzt und gilt als stabil.
Mit 1,3 -3,0 Tausend Brutpaaren gehört der Kleinspecht in der Schweiz zu den weniger häufigen Brutvögeln. Es ist vor allem im Schweizer Mittelland und in den niederen Lagen des Juras verbreitet. In der übrigen Schweiz tritt der Kleinspecht entlang der größeren Flussläufe und an den Schweizern Seen auf. Er brüte bis in eine Höhe von 1300 m ü. NN.
In der Schweiz wird der Brutbestand des Kleinspechtes als nicht gefährdet eingestuft. Die Populationsentwicklung in den letzten Jahren ist positiv.
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