Die Misteldrossel (Turdus viscivorus) ist ein Allesfresser, dessen Nahrungsgewohnheiten stark von der Jahreszeit und dem regionalen Nahrungsangebot abhängen. Sie ist besonders auf die Früchte der Mistel spezialisiert, kann sich jedoch flexibel an andere Nahrungsquellen anpassen, wenn Misteln nicht in ausreichender Menge verfügbar sind.
Der jahreszeitlich typische Speiseplan in Mitteleuropa sieht wie folgt aus:
In den Wintermonaten ist die Misteldrossel stark an das Vorkommen von Misteln gebunden. Beerentragende Bäume werden aktiv gegenüber Artgenossen sowie anderen Drossel- und Singvogelarten verteidigt.
Nur ein Teil der schleimigen Fruchthülle wird verdaut, während die Beerenhäute als sogenannte Speiballen ausgeworfen werden. Die klebrigen Samen passieren den Darm unverdaut und werden mit etwas Fruchtfleisch ausgeschieden. Dadurch trägt die Misteldrossel maßgeblich zur Verbreitung der Mistel bei.
Größe: 27–28 cm
Gewicht: 93–167 g
Verbreitung: Europa bis Westsibirien, Iran, Nordafrika, West- und Zentralasien bis Himalaja; Überwinterung in Südwesteuropa, Nordafrika, Naher Osten und Südwestasien
Nahrung: Insekten, Schnecken, Würmer, Beeren und andere Früchte (z. B. Misteln, Eberesche, Holunder, Wacholder)
Lebensraum: Offene bis halboffene Landschaften mit Baumgruppen, lichte Wälder, Parklandschaften, Berghänge, Wiesen mit Gehölzen; im Winter auch Obstgärten, Gärten und lichte Buschlandschaften
Zugverhalten: Teilzieher; westliche Populationen überwiegend Standvögel oder Kurzstreckenzieher, östliche Populationen stärker migrierend
Brutzeit: Ende März bis Juni (Westeuropa), bis Juli in Gebirgen und im Osten
Nest: Großes Napfnest aus Gräsern, Wurzeln und Moos mit stabiler Lehmschicht, meist 2–10 m hoch in Baumgabeln, gelegentlich auch tiefer oder in Nadelbäumen
Fortpflanzung: Monogam; 2–5 Eier; 1–2 Bruten pro Jahr; Brutdauer: 12–15 Tage; Nestlingszeit: 14–16 Tage; flügge: ab 20 Tagen; Betreuung: 15–20 Tage durch das Männchen bei Zweitbrut
Höchstalter: 21 Jahre, 4 Monate
Bestand: 3,6–6,8 Millionen Brutpaare in Europa; 12,2-22,7 Millionen Individuen weltweit; Trend: stabil
Status: LC – Least Concern (nicht gefährdet)
In Deutschland: Brutvogel, Zugvogel; nicht gefährdet
Der Gesang der Misteldrossel besteht aus kurzen, klar strukturierten Strophen mit meist 6–8 flötenden Tönen und gelegentlich einem leisen, gepressten Nachgesang. Die Strophen werden in fester Reihenfolge vorgetragen, wirken durch geringe Tonhöhenvariation leicht monoton, zeigen aber deutliche individuelle Unterschiede und können auch artfremde Laute enthalten. Zu den Rufen gehören scharfe „tirr“- oder „tzrr“-Laute, bei Angst auch „tschrrtschrr“, und beim Flug sowie bei Fütterung piepsende oder zip-ähnliche Laute. Ausgeflogene Jungvögel machen durch „ziiep“-Rufe auf sich aufmerksam.
Die Misteldrossel ist in Deutschland nahezu flächendeckend verbreitet, mit Schwerpunkten in den Waldregionen der Mittelgebirge sowie im Alpenvorland. Besonders häufig tritt sie in zusammenhängenden Waldgebieten mit auf, etwa vom Teutoburger Wald bis zum Taunus oder vom Thüringer Wald bis ins Erzgebirge. In Norddeutschland ist die Art deutlich seltener, kommt aber lokal konzentriert in Gebieten wie der Lüneburger Heide oder dem Hamburger Raum vor. In Deutschland ist die Misteldrossel in einer großen Bandbreite an Lebensräumen anzutreffen, bevorzugt aber strukturreiche, offene oder halboffene Landschaften mit hohem Baumbestand. Ursprünglich war sie ein Brutvogel lichter, naturnaher Wälder. Heute ist sie jedoch auch in Parks, Gärten, Friedhöfen, Obstplantagen, auf Feldgehölzen und an Einzelbäumen in der Agrarlandschaft verbreitet. Besonders typisch ist der Wechsel zwischen offenen Flächen zum Singen und hohen Bäumen oder Gehölzen zur Brut. In den bayrischen Alpen brütet sie bis in eine Höhe von 1800 m üNN.
Der Bestand der Misteldrossel hat in Deutschland langfristig zugenommen, besonders im Zuge von Arealerweiterungen seit den 1920er-Jahren. Seit den 1980er-Jahren gab es jedoch regionale Rückgänge, hauptsächlich in Teilen des nordwestdeutschen Tieflands und in Sachsen. Der Bestand ist insgesamt stabil bis zunehmend, wobei kalte Winter und lange Schneebedeckung lokale Rückgänge verursachen können.
Größte Drossel Mitteleuropas mit graubrauner bis bleigrauer Oberseite und weißlich bis gelblich rahmfarbener Unterseite, die an Kehle und Brust dreieckige und am Bauch große, ovale dunkelbraune Flecken zeigt. Männchen und Weibchen sind gleich gefärbt.
Jungvögel lassen sich im Flug bei günstigen Lichtbedingungen durch weiße bis gelbliche oder rotbraune Flügelunterseiten und die auffälligen weißen Spitzen der Außenfedern des Schwanzes erkennen. Typisch sind ein kräftiger, wellenförmiger Flug und der schrillende Flugruf.
Die Fleckung der Unterseite ist sehr variabel, sodass sie nicht immer ein zuverlässiges Merkmal zur Unterscheidung von Mistel- und Singdrossel darstellt.
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