Bis Mitte der 90er Jahre des vorherigen Jahrhunderts wurde der Iberienraubwürger (Lanius meridionalis) als Unterart des Raubwürgers (L. excubito) geführt. Die große Taxa der Raubwürger wurde zunächst in den Südlichen und Nördlichen Raubwürger aufgeteilt. Neuere genetische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass der Iberienraubwürger näher mit dem Taigaraubwürgers verwandt ist, als mit den Unterarten des Raubwürgers in Afrika oder den Kanaren. Die französische Unterart grenzt fast unmittelbar an das Vorkommen des Iberienraubwürgers an, ohne dass es zur Hybridisierung kommt. Deshalb wird der Iberienraubwürger als monotypische Art eingeordnet.
Innerhalb der Gattung der Echten Würger (Lanius) fällt der Iberienraubwürger hauptsächlich durch seine rosafarbene Brust unter den grau-schwarz-weiß gefärbten Vertretern der Gattung auf. Der Iberienraubwürger kommt in Spanien und Südfrankreich vor.
Der Iberienraubwürger wurde 2017 auf der IUCN-Roten Liste von „nicht gefährdet“ auf „gefährdet“ hochgestuft, da die Bestände seit den 1970er Jahren stark zurückgingen. In Spanien, wo 95 % der Weltpopulation leben, beträgt der Rückgang zwischen 1998 und 2019 kumulativ 67 %, in Portugal wurden Rückgänge von 13–40 % festgestellt. Eine aktuelle Studie aus Frankreich belegt eine massive Lebensraumverkleinerung um 47 % seit 1994 und eine deutlich fragmentierte Verbreitung.
Größe: 24–25 cm
Gewicht: 48–93 g
Verbreitung: Iberische Halbinsel und Südfrankreich
Nahrung: Insekten (v. a. Heuschrecken, Grillen, Käfer), Spinnen, Tausendfüßer, kleine Wirbeltiere wie Eidechsen, Kleinsäuger und kleine Vögel
Lebensraum: Offenes Kulturland mit Sträuchern und Bäumen, z. B. Wiesen, Weinberge, Olivenhaine, Dehesas, bevorzugt Standorte mit Dornengehölzen
Zugverhalten: Überwiegend Standvogel mit kurzen Winterbewegungen; Weibchen im Winter wanderfreudiger als Männchen
Höchstalter: unbekannt
Brutzeit: Ab Februar, Hauptlegezeit in Südfrankreich zwischen 10. April und 10. Mai
Nest: Offener Napf aus Zweigen, Gras und Pflanzenmaterial, oft in dornigen Sträuchern oder niedrigen Bäumen, 0,4–2,2 m hoch
Fortpflanzung: monogam; 1 Brut pro Jahr; 2–7 Eier; Brutdauer 14–18 Tage; Nestlingszeit 16–19 Tage; Jungvögel ca. 34–40 Tage nach dem Ausfliegen selbstständig
Bestand: 372.000–656.000 Tausend Brutpaare in Europa
Status: VU (vulnerabel), gefährdet, Trend: abnehmend, mehr als 67 % über drei Generationen in Spanien
In Deutschland mehrere unsichere Nachweise aus dem 19. Jahrhundert
Der Iberienraubwürger verfügt über ein vielfältiges Rufrepertoire mit zweisilbigen Rufen 🔊 „kwi-rick“ oder „sheenk-sheenk“, die vorwiegend in Territorialkonflikten geäußert werden. Alarmrufe 🔊 klingen metallisch oder klickend, etwa „sheck-sheck“ oder „djerki-djerki“, oft ergänzt durch schnarrende und summende Laute. Es gibt außerdem trillernde Pfiffe wie „dri-dri“ oder „trrr-trrr“. Der Gesang besteht aus kurzen Warbelelementen 🔊 in Kombination mit scharfen Summtönen und Pfeifen und enthält auch Imitationen anderer Vogelarten. Kontaktrufe zwischen Eltern und Jungvögeln lauten „hui-hui“ oder „gaik-gaik“.
Es liegen mehrere unsichere Nachweise aus dem 19. Jahrhundert aus Deutschland vor. So beschreibt Heinrich Gätke (1814–1897), der Gründer der Vogelwarte Helgoland, einen Raubwürger, den er anhand der Merkmale dem Iberienraubwürger zuschrieb. Damals wurde die Art noch als Unterart des Raubwürgers geführt. Ein Belegexemplar liegt zu der Beobachtung von Gätke auf Helgoland jedoch nicht vor. Dass die Art so weit in den Norden sich verirren kann, zeigt ein Nachweis dieses Würgers vom 5. Oktober 1984 aus Norwegen.
Der männliche Iberienraubwürger zeigt eine schwarze Gesichtsmaske, ein weißes Überaugenband und ein graues Oberseitengefieder, das auf Scheitel und Nacken am dunkelsten ist. Auffällig sind der schwarze Schwanz mit weißen Spitzen, eine kleine weiße Flügelfläche und pale rosagraue Unterseiten. Das Weibchen ist ähnlich, aber insgesamt matter gefärbt, und Jungvögel sind oberseits blasser grau, unterseits rosa getönt mit angedeuteter Längszeichnung und einer bräunlichen Gesichtsmaske.
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