Der Turmfalke (Falco tinnunculus) ist ein recht auffälliger Greifvogel. Er steht im Rüttelflug über der Wiese oder einem Acker und spürt in erster Linie Wühlmäusen nach, die in Europa bis zu 90 % seiner Nahrung ausmachen können. Turmfalken haben in ihrer Netzhaut spezielle Sensoren, mit denen sie ultraviolettes Licht wahrnehmen können. Frischer Mäuseurin reflektiert Licht dieser Wellenlänge besonders gut. Wühlmäuse markieren ihr Revier gerne mit dem eigenen Urin. So kann der Turmfalke eine Wiese rasch abfliegen und die Stellen mit der höchsten Urinkonzentration ausfindig machen. Dort steht er dann rüttelnd in der Luft und wartet, bis die nächste Maus kommt.
Größe: 27–35 cm
Gewicht: ♂ 252 g, ♀ 314 g
Verbreitung: NW-Afrika, Europa, Naher Osten bis Ostsibirien, Afghanistan, Himalaja bis Bhutan; im Winter auch Ostafrika, Süd- und Südostasien
Nahrung: Kleinsäuger (v. a. Wühlmäuse), Mäuse, Spitzmäuse, Eidechsen, Insekten (Käfer, Heuschrecken, Grillen), Regenwürmer, Jungvögel, Fledermäuse, gelegentlich Aas
Lebensraum: Offene bis halboffene Landschaften mit krautiger Vegetation, Steppe, Moor, Kulturland, Feuchtgebiete, Siedlungsräume, Gebirge bis 5500 m
Zugverhalten: Zugvogel in Nord- und Osteuropa, sonst Teilzieher oder Standvogel; große Zugbewegungen nach Afrika; Jungvögel dispersiv
Höchstalter: 23 Jahre und 11 Monate
Brutzeit: März–Juni (Europa, Asien nördlich des Himalaja); August–Dezember (Afrika südlich der Sahara); Oktober–Dezember (Südafrika)
Nest: Felsnischen, Gebäude, Bäume, alte Nester, Nistkästen, teils Koloniebrüter
Fortpflanzung: monogam; 3–6 Eier (1–7); 1–2 Bruten pro Jahr; Brutdauer 27–31 Tage; Nestlingszeit 27–35 Tage; Betreuung nach dem Ausfliegen 1–5 Wochen
Bestand: 44.000–74.000 Brutpaare in Deutschland; 409.000–603.000 in Europa, 4,0–6,5 Millionen Vögel weltweit
Status: nicht global gefährdet (LC); regional Rückgänge, v. a. in Osteuropa
In Deutschland: Jahresvogel, Zugvogel und Wintergast, brütet in ganz Deutschland, Trend: stabil, nicht gefährdet.
Während der Brutzeit ist der Turmfalke sehr rufaktiv. Am häufigsten ist ein schrilles „kikiki...“ mit langem i zu hören, das stimmhafter klingt als beim Rötelfalken. Bei starker Erregung äußert er gellende Rufreihen wie „wit wít wit wít...“. Weitere Laute umfassen vibrierende Rufe wie 🔊„zirrr“, „wrrii“, „triii 🔊und hastige Serien wie „zirirririrr🔊; am Brutplatz.
Deutschland ist nahezu flächendeckend vom Turmfalken besiedelt. In allen Naturräumen werden hohe Bestandsdichten erreicht. Im Nordostdeutschen Tiefland, das durch große Agrarflächen landschaftlich geprägt ist, treten deutliche Dichteunterschiede auf. In den Hochlagen der Alpen bestehen ebenfalls kleinere Verbreitungslücken.
Der Mäusejäger bevorzugt offene Landschaften und jagt über Äckern, Wiesen und Brachflächen. Als Kulturfolger besiedelt er auch städtische Parkanlagen und Wohngebiete. Er brütet an Gebäuden, auf Felsen, in Feldgehölzen und nutzt gerne verlassene Nester anderer Vogelarten.
In Deutschland ist der Turmfalke Teilzieher, Zugvogel und Wintergast zugleich. Ein Teil der Brutvögel bleibt auch im Winter im Revier, während andere abwandern. Turmfalken aus Nordeuropa ziehen durch Deutschland oder überwintern hier. Der Frühjahrszug erfolgt überwiegend im April. Der Weg- und Durchzug finden vor allem im September und Oktober statt. Die Zugrichtung verläuft dabei nach Südwesten. Die in Deutschland brütenden Turmfalken ziehen unterschiedlich weit – von den Beneluxstaaten bis ins tropische Afrika. Es sind Kurz-, Mittel- und Langstreckenzieher vertreten – eine bunte Mischung aller Zugtypen.
Der Bestand der Turmfalken gilt in Deutschland als stabil. Allerdings können schneereiche Winter und Jahre mit geringer Mäusedichte die Population deutlich beeinträchtigen. Auch die Intensivierung der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert führte zu einem Rückgang der Bestände.
Der Brutbestand wurde im Jahr 2016 auf etwa 44.000 bis 73.000 Paare geschätzt. Besonders förderlich für den Turmfalken ist das Anbringen von Nisthilfen. In menschlichen Siedlungsräumen ist in den vergangenen Jahren ein deutlicher Bestandsanstieg zu verzeichnen. Dies wird auch mit der zunehmenden Zahl an Elstern und Krähen in Städten in Verbindung gebracht, deren Nester Turmfalken gerne zur Brut nutzen. Diese Entwicklungen haben zu einer Trendumkehr geführt.
DDA (2024): Bestandsentwicklung, Verbreitung und jahreszeitliches Auftreten von Brut- und Rastvögeln in Deutschland.. DDA, abgerufen am 17.07.2025.
Der Turmfalke ist ein kleiner Falke mit langem Schwanz und rotbrauner Oberseite, wobei das Männchen durch einen grauen Kopf und Schwanz sowie eine feiner gefleckte Oberseite auffällt. Das Weibchen zeigt hingegen eine durchgehend rotbraune Oberseite mit kräftiger dunkler Bänderung und es fehlt die graue Färbung des Kopfes. Im Schlichtkleid sind die Unterscheidungsmerkmale weniger deutlich, wobei insbesondere die Handschwingen weniger kontrastreich erscheinen. Jungvögel ähneln in der Gefiederfärbung den Weibchen, haben jedoch eine dichtere Fleckung und auffällig gebänderte Oberschwanzdecken.
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